1. Wann kann ich mich scheiden lassen?
Es gilt grundsätzlich das Zerrüttungsprinzip. Verschulden eines Ehegatten ist diesem bereits seit der großen Familienrechtsreform in den 70er Jahren nicht mehr vorwerfbar.
Leben die Ehegatten 1 Jahr getrennt, geht der Familienrichter im allgemeinen von der Zerrüttung der Ehe aus. Die Trennung kann durch Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, etwa durch Auszug eines Ehegatten, oder durch Getrenntleben innerhalb der ehelichen Wohnung/Haus erfolgen.
Weigert sich der eine Ehegatte nach Ablauf des Trennungsjahres in begründeter Weise, dem Ehescheidungsantrag des anderen Ehegatten zuzustimmen, kann die Ehe erst nach Ablauf von 2 weiteren Jahren geschieden werden.
Eine Ehe kann im Einzelfall auch vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden, wenn der Fortbestand der Ehe für den scheidungswilligen Ehegatten eine „unzumutbare Härte“ bedeuten würde. Diese Härte wird jedoch nur in wenigen von der Rechtsprechung der Familiengerichte entwickelten Fällen angenommen. Ein kürzeres Zusammenleben -nicht länger als 3 Monate- nach bereits vollzogener Trennung unterbricht den Ablauf der Trennungsfristen nicht; etwas anderes gilt bei einer echten Versöhnung.
2. Brauche ich einen Anwalt?
Es besteht in Ehescheidungsverfahren der sog. Anwaltszwang für jeden der Ehegatten.
In Fällen der einverständlichen Scheidung nach Ablauf des Trennungsjahres ist dies nicht unbedingt notwendig, wenn beide Ehegatten der Scheidung zustimmen und eine einverständliche Regelung über die Folgesachen, etwa durch notariellen Vertrag, erzielt wurde; dann reicht es aus, wenn sich beide Ehegatten nur einen Anwalt nehmen. Im Termin zur Ehescheidung vor dem Familiengericht sollte jedoch ein zweiter Anwalt hinzugezogen werden, wenn die Ehegatten die sofortige Rechtskraft der Ehescheidung herbeiführen wollen. Eine solche Erklärung kann nur von einem am zuständigen Familiengericht zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben werden.
3. Was passiert mit dem in der Ehe angeschafften Hausrat bei der Trennung?
Der in der Ehe gemeinsam angeschaffte Hausrat ist zwischen den Ehegatten je zur Hälfte aufzuteilen.
Da dies im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten kann (wie teilt man eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank) ist eine sinnvolle Teilung zwischen den Ehegatten herbeizuführen; auch ein Familienrichter wird in einem Hausratsteilungsverfahren keine wertmäßige Verteilung, sondern immer nur eine sinnvolle Teilung dahingehend vornehmen, dass einer die Waschmaschine und der andere die Spülmaschine bekommt.
4. Wer bekommt das Kind/die Kinder nach der Trennung?
Eheliche Kinder:
Beide Eltern üben die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam aus. Auf Antrag eines Elternteil kann ihm die elterliche Sorge ganz oder teilweise allein übertragen werden. Hierfür ist entweder die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich, die Übertragung auf den Antragsteller entspricht dem Kindeswohl am besten oder es ist eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten.
Nichteheliche Kinder:
Es bleibt bei der alleinigen Sorge der Mutter, wenn keine Sorgeerklärung der Kindeseltern vorliegt, kein Antrag des Kindesvaters mit Zustimmung der Kindesmutter auf alleinige Übertragung der elterlichen Sorge vorliegt oder die Regelung nicht dem Kindeswohl dient. Ein weiterer Kernpunkt des Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) ist die Möglichkeit der Sorgeerklärung der Kindeseltern. Die nicht miteinander verheirateten Eltern erklären gegenüber dem Jugendamt bzw. einem Notar, dass sie die Sorge für das gemeinsame Kind übernehmen wollen. Weiterhin wird die Amtspflegschaft abgeschafft. An diese Stelle tritt die sog. freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes, die nur dann realisiert wird, wenn ein Elternteil es will.
5. Wer bleibt in der Ehewohnung?
Unter den Begriff „Ehewohnung“ werden auch Einfamilienhäuser etc. gefasst.
Jeder der Ehegatten kann, sofern er (Mit-)Mieter der Ehewohnung oder (Mit-)Eigentümer ist, die Zuweisung der Ehewohnung an ihn verlangen, wenn über den Verbleib bzw. Auszug keine Einigung erzielt werden kann und eine räumliche Trennung von Tisch und Bett in der Ehewohnung nicht möglich ist. Im dringenden Bedarfsfall ist dieses bereits bei konkreter Trennungsabsicht beim Familiengericht zu beantragen. Ist der Antragsteller weder (Mit)-Mieter noch (Mit)-Eigentümer der Ehewohnung, kann eine Zuweisung nur im Ausnahmefall von diesem beantragt werden, z.B. wenn der andere Ehegatte die Ehewohnung zerstört, um dem Antragsteller die Wohnmöglichkeit zu nehmen, oder er durch sein Verhalten die Aufgabe der Ehewohnung erklärt.
6. Kann der Ehegatte Unterhalt verlangen ?
Bei einer Trennung von Ehegatten kann derjenige, der weniger oder kein Einkommen erzielt, von dem „Mehr“-Verdiener sog. Trennungsunterhalt verlangen. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen des „Mehr“-Verdieners und den ehelichen Lebensverhältnissen. Ehebedingte Verbindlichkeiten, z.B. Kreditverbindlichkeiten bei einer Hausfinanzierung, sind begünstigend zu berücksichtigen. Nach der Ehescheidung steht dem Berechtigten der sog. nacheheliche Unterhalt zu. Der Unterschied ist rein sprachlicher und gesetzessystematischer Natur, die Höhe ist jedoch in der Regel identisch mit dem zuvor titulierten Trennungsunterhalt.
Erhöht oder ermäßigt sich das Einkommen des Verpflichteten nach Rechtskraft des Unterhaltsurteils, kann unter Umständen eine Anpassung sowohl von dem Verpflichteten als auch von dem Berechtigten verlangt werden.
In Ausnahmefällen kann eine Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt entfallen, z.B. bei nur sehr kurzer Ehedauer.
7. Bekommen Kinder Unterhalt?
Minderjährige eheliche und nichteheliche Kinder sind unterhaltsberechtigt. Die Höhe richtet sich beim Kindesunterhalt nach dem Bedarf des Kindes und dem Einkommen des Barunterhaltspflichtigen.
Richtlinie für den Bedarf ist insbesondere die „Düsseldorfer Tabelle„, die im Abstand von ca. 2 Jahren vom Oberlandesgericht Düsseldorf nach Erhebungen des veränderten Lebenshaltungsindexes und in Anpassung der Rechtsprechung der Familiengerichte zur Höhe des Unterhalts herausgegeben wird.
Der Ehegatte, der das Kind in seiner Obhut hat oder sogar die elterliche Sorge ausübt, leistet im allgemeinen Unterhalt in Naturalleistungen. Er bezieht auch in der Regel das Kindergeld. Da Kindergeld beiden Ehepartnern je zur Hälfte zusteht, ist es beim Kindesunterhalt hälftig bei dem Barunterhaltspflichtigen in Abzug zu bringen.
Zahlt der Barunterhaltspflichtige keinen Kindesunterhalt, weil er nicht kann, ist es ratsam, sich an die Unterhaltsvorschusskasse des Sozialamtes zu wenden. Zahlt der Barunterhaltspflichtige keinen Kindesunterhalt, weil er nicht will, kann schnell im Wege des
vereinfachten Verfahren
ein Unterhaltsanspruch tituliert (d.h. im Zwangsvollstreckungsverfahren eintreibbar gemacht) werden. Der Anwendungsbereich ist begrenzt auf
Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder, die nicht mit dem in Anspruch genommenen Elternteil in einem Haushalt leben
Unterhaltsansprüche, die der Höhe nach das 1,5fache des Regelbetrages nicht übersteigen.
Erhebt der Unterhaltsverpflichtete im vereinfachten Verfahren Einwendungen, muss er gleichzeitig Auskunft über seine Einkommens und Vermögensverhältnisse geben und diese belegen.
Volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres stehen minderjährigen Kindern gleich, solange sie im Haushalt mind. eines Elternteils leben und sich in der allg. Schulausbildung befinden. Alle anderen volljährigen Kinder sind nachrangig unterhaltsberechtigt. Der Unterhalt dieser volljährigen Kinder bemisst sich nach der 4. Altersstufe der Düsseldofer Tabelle. Bei auswärtiger Unterbringung (z.B. Studenten) beträgt der Unterhaltsbedarf i.d.R. EUR 600,00. Die Eltern haften anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen.
Der Kindesunterhalt kann nicht nur mehr statisch in Form eines bestimmten Betrages tituliert werden, sondern auch dynamisiert.
Der Vorteil liegt darin, dass der Unterhaltstitel, ohne dass es hierzu eines gerichtlichen Verfahrens bedarf, an der vorgesehenen Anpassung der Regelbeträge teilnimmt.
8. Was ist Zugewinn?
Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Anfangsvermögen und Endvermögen sind bei jedem der Ehepartner jeweils detailliert zu bestimmen.
Bei Scheidung einer Ehe ist ein hälftiger Ausgleich des erzielten Zugewinns von demjenigen vorzunehmen, der mehr Zugewinn erzielt hat.
Hat z. B. der Ehemann einen Zugewinn während der Ehe von EUR 5.000,00 erzielt und die Ehefrau von EUR 3.000,00, hat die Ehefrau einen Zugewinnausgleichsanspruch i.H.v. EUR 1.000,00.
Der Zugewinn kann immer erst dann beantragt werden, wenn das Ehescheidungsverfahren beim Gericht rechtshängig ist und nur bis zu 3 Jahren nach Rechtskraft des Scheidungsurteils. Im Ausnahmefall kann der Zugewinnausgleich auch vor der Ehescheidung beantragt werden, wenn z.B. der ausgleichspflichtige Ehegatte Vermögenswerte verschwendet, verschleudert oder zu befürchten steht, dass er Vermögenswerte verschwinden lässt.
Die Frage des Zugewinnausgleichs ist in vielen Fällen kompliziert und bedarf einer eingehenden Betrachtung auch unter steuerlichen Aspekten.
9. Was ist der Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich wird in Deutschland von Amts wegen durchgeführt und in der Regel im Scheidungsurteil mitausgesprochen. Er ist ein Ausgleich von in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften unter den Ehegatten. Dazu werden vom Familienrichter bei Einreichen eines Ehescheidungsantrages von beiden Ehegatten Auskünfte von ihren jeweiligen Versorgungsträgern eingeholt und eine punktemäßige Bewertung vorgenommen. Derjenige, der in der Ehezeit höhere Anwartschaften erworben hat, überträgt dem anderen eine entsprechende Punktedifferenz. Der Familienrichter weist im Scheidungsurteil die jeweiligen Versorgungsträger zu dieser Übertragung an. Da Richter und Anwälte auf die Dauer der Einholung und Bearbeitung dieser Auskünfte keinerlei Einfluss haben, empfiehlt es sich, bereits drei Monate vor Ablauf des Trennungsjahres den Ehescheidungsantrag beim Gericht einzureichen. Der Versorgungsausgleich kann nur unter engen Voraussetzungen ausgeschlossen werden.
10. Was kostet eine Scheidung?
Die Kosten richten sich nach der gesetzlichen Gebührentabelle für Rechtsanwälte. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem jeweiligen Streitwert des Verfahrens und ist immer abhängig vom Einzelfall.
Ist ein Ehegatte einkommensschwach oder ohne Einkommen und Vermögen kann für ihn Prozesskostenhilfe beantragt werden. Diese kann vom Gericht ganz oder teilweise mit einer Ratenzahlungsauflage gewährt werden. Einfamilienhäuser sind bei der Bewertung von einsatzfähigem Vermögen nicht zu berücksichtigen.
Verfügt ein Ehegatte über überdurchschnittliches Einkommen, während der andere Ehegatte über nur geringes oder gar kein Einkommen verfügt, kann der Einkommensstarke auch zu einem Prozesskostenvorschuss verurteilt werde, d.h. er hat die Gebühren des Anwalts des Einkommensschwächeren noch vor der Durchführung des eigentlichen Verfahrens zu zahlen.